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Freitag, 15. August 2025

Pachamama

 Pachamama 2, 2014, Acryl 60x70

„Ich bin alles, was ward, ist und sein wird, und noch kein Sterblicher hat jemals mein Gewand gelüftet“, - verkündet Isis - die mächtige mütterliche Gottheit - in einer altägyptischen Inschrift. 

Noch in der klassischen Antike vermochten die mächtigen Göttinnen ihre göttlichen Gemahle im Schach zu halten. Zeus, der mächtige Olympus-Herrscher, musste sich vor der energischen Hera in Acht nehmen. Auch im nördlicheren Europa wimmelte es nur so von den legendären Frauen: die baltische Riesin Neringa, die ihren Zopf vor der Küste ausgelegt hat, um ihr Land vor den gefährlichen Meereswogen zu schützen (Kurische Näherung); die geheimnisvolle Seherin Libuše, die legendäre Gründerin des ersten Böhmischen Staates. Hinzukommt eine ganze Reihe der altorientalischen und asiatischen Gottheiten, die als Mütter ihrer Länder verehrt wurden. Schon Jakob Grimm widmete in seinem Werk „Deutsche Mythologie“ ein ganzes Kapitel den „Weisen Frauen“, die er als die eigentlichen Protagonistinnen der Mythologie erahnte. Sie führten ihre männlichen Helden wissend durch die Hindernisse und Prüfungen zum Sieg, während der Muttersegen ihnen Schutz vor allen Unheil bot.  

Die Göttin Isis als stillende Mutter, Magna Mater, mit ihrem Sohn Horus auf dem Arm wurde als sakrales Motiv höchstwahrschenlich von den ägyptischen Christen übernommen und später ins Abendland importiert. Die Frau als mythologische Repräsentantin der Erde und des fruchtbaren Landes stand und bleibt im Mittelpunkt zahlreicher Volkstraditionen. 

Die Vorstellung von der Erde als der Mutter allen Lebens ist bei indigenen Völkern des Zentral- und Südamerikas nach wie vor präsent: die Mutter, die das Leben schenkt und ihre Kinder immer wieder in ihren mütterlichen Schoss aufnimmt, um sie nach einem Zyklus der Natur wieder in die Welt der Lebenden zu entlassen. In ihr liegt die Kraft der Wiedergeburt, der Transformation vom Leben zum Tod, vom Tod zum Leben. Sie ist liebend, schützend und schenkend, aber sie ist auch kraftvoll, majestätisch und unbezwingbar. „Eine in Tausend Gestalten“ ist sie allgegenwärtig in der Weltanschauung dieser alten Völker. 

Der Künstler wählte hier eine Berglandschaft bei Quito als Sinnbild für diese uralte chtonische Göttin, Pachamama, als das Naturelement, das am Anfang alles Lebens stand. 


Montag, 28. Juli 2025

Iris - die Blaue Blume

 

Iris, Acryl, Collage, 40x50 2013


“Nicht die Schätze sind es, die ein so unaussprechliches Verlangen in mir geweckt haben, … fern ab liegt mir alle Habsucht: aber die blaue Blume sehn' ich mich zu erblicken. Sie liegt mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann nichts anderes dichten und denken. So ist mir noch nie zumute gewesen: es ist, als hätt ich vorhin geträumt, oder ich wäre in eine andere Welt hinübergeschlummert; denn in der Welt, in der ich sonst lebte, wer hätte da sich um Blumen bekümmert, und gar von einer so seltsamen Leidenschaft für eine Blume hab' ich damals nie gehört.“  

Heinrich von Ofterdingen. Novalis


Iris, eine geheimnisvolle nachtfarbene Blume, zur königlichen Lilie häufig stilisiert, bleibt sie in vielen Staatswappen bis heute präsent. 

Die Farbe Blau, die in der menschlichen Naturwahrnehmung für die unendlichen und ungreifbaren Elemente steht - Wasser und Luft - offenbart sich nur selten in einer Blume. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum Novalis und später Joseph von Eichendorff eine blaue Blume zum Ziel ihrer langen Suche machten und sie zum Symbol der deutschen Romantik erhoben. 

Die Farben der Nacht inspirierten auch spätere Symbolisten, die in der Nacht die Transzendenz und die Einigkeit mit der Weltschöpfung erträumten. Hier konnten sie, vom "trügerischen" Sonnenschein unbeirrt, in ihrer Einsamkeit verweilen. In einer nächtlichen Meditation begegnete der russische Dichter Aleksandr Blok seiner geheimnisvollen Unbekannten, mit ihrem sternbesetzten schwarzblauen Kleid, während Prinz Charles, der abenteuerliche Held von Aleksandr Kuprin, seinen langersehnten „Blauen Stern“, die großmutige Prinzessin Erna, in einem verborgenen Bergland fand.  

Mit reduzierten Farbmitteln gibt hier der Künstler die Vielfalt dieser majestätischen Blume wieder. Ganz in Tradition des Symbolismus löst er sich von den äußeren Formen und reduziert sie auf Andeutungen, die sich in dem nächtlichen Dunkeln verlieren. Durch Verwendung der gemischten Technik gelingt es ihm bei aller Zurückhaltung eine komplexe vielschichtige Komposition zu entwerfen.